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Boule und Pétanque Verband Nordrhein-Westfalen e.V.
Schiedsrichter

How to be a Schiedsrichter / Schiri sein - was heißt das?

09.08.2024

Viele Menschen haben ein falsches Bild von einem Schiedsrichter. Sie denken z. B., er hätte einen einfachen Job oder er würde sich einfach einen schönen Tag machen und viel Geld dabei kassieren! Viele ahnen nicht, unter welchem Druck der Schiedsrichter steht, und auch welche Strapazen er zu erdulden hat! Viele Boulisten wissen nicht einmal, welchen Aufgabenbereich der Schiedsrichter abdecken muss, wofür er zuständig ist, bzw. wofür er überhaupt nicht zuständig ist!

Ich möchte hier ein wenig aufklären, eine Lanze für die Schiedsrichter brechen und vielleicht für ein wenig mehr Verständnis für uns sorgen. Ich möchte die Fragen beantworten: Wo fängt der Einsatz des Schiedsrichter an? Welche Rolle hat er? Was ist sein Aufgabenbereich, bzw. worauf hat er zu achten.

Ich spreche in „Ich“-Form. Damit schließe ich alle Schiedsrichter/innen ein, und gebe zu bedenken, dass es kleine individuelle Gestaltungsmöglichkeiten gibt.

Der Beginn meines Einsatzes

Es fängt am Vorabend der Veranstaltung an! Ich schaue mir die Spieler/innen-Liste an, um mir ein Bild zu machen, mit wem ich es alles zu tun hab! Ich kontrolliere, ob ich all meine Geräte eingepackt habe und drucke falls nötig noch einige Papiere aus! Ich suche dann noch die Adresse des Einsatzort heraus, plane wann ich aufstehen und losfahren muss. Mein letzter Gedanke bevor ich zu Bett gehe: hoffentlich verschlafe ich nicht (was mir bis heute zum Glück noch nie passiert ist)!

Am Tag des Einsatzes muss ich schauen, dass ich spätestens um 8.30 Uhr vor Ort bin! Auf dem Weg dahin, schießen mir 1000 Gedanken durch den Kopf. Habe ich nichts vergessen? Hoffentlich werde ich heute keine Kugel oder Zielkugel beim Messen bewegen. Hoffentlich werde ich heute keine Fehlentscheidung treffen! Hoffentlich wird kein Spieler/keine Spielerinnen ausfallend werden! Hoffentlich muss ich keine rote Karte ziehen! Hoffentlich werden alle fair und sportlich bleiben! Hoffentlich….Hoffentlich….Hoffentlich….Der innere Druck ist da.

Der sichtbare Einsatz vor Ort

Wenn ich dann vor Ort bin, gehe ich zuerst auf die Bahnen und vergewissere mich, dass diese auch bespielbar sind, dass die Abstände, Breite und Länge in etwa den Regeln entsprechen ( ich schreibe bewusst in etwa, da es bei vielen Ausrichtern einfach nicht möglich ist, genau 12*3m hinzukriegen)! Dann gehe ich zur Einschreibung und Lizenzkontrolle über. Dabei können schon die ersten Diskussionen und die damit verbundenen Kopfschmerzen auftreten! Der eine hat seine Lizenz vergessen und muss somit eine Tagesersatzlizenz nehmen gegen eine Gebühr von 10€. Der andere präsentiert mir eine Lizenz, die nicht mehr in Ordnung ist, weil sie in der Waschmaschine gelandet ist und alles verwaschen ist, oder die Unterschrift fehlt, oder oder oder….In diesem Fall muss ich diese Lizenz einbehalten, was dann wiederum zu Diskussionen führt, weil der Spieler/die Spielerin dann eine neue bestellen muss! Auch wenn ich mein Gegenüber verstehe, so muss dieser aber auch wissen, dass diese unschöne und unangenehme Aufgabe nun einmal Teil meines Jobs ist. Denn wenn ich nach Hause komme, muss ich diese Lizenz in einen Umschlag tun und dann den Weg zur Post gehen um sie zur Geschäftsstelle zu schicken!

Um 10 Uhr starten dann die Spiele! Jetzt kommt der längste, anspruchsvollste und schwierigste Teil meiner Arbeit! Von jetzt an wird vollste Konzentration erwartet….Ich muss im Durchschnitt zwischen 25 und 30 Bahnen im Auge und unter Kontrolle behalten! Ich muss darauf achten, dass ich mich immer wieder bewege und dabei niemanden beim Schuss störe! Ich darf mich nicht setzen, muss bei große Hitze unter der prallen Sonne stehen, usw. Ich muss alle Regelfragen der Spielenden beantworten. Und das sind nicht wenig, im Schnitt kommen pro Einsatztag ca. 25 Fragen zu den Regeln.

Meine Rolle als Schiedsrichter während des Spielgeschehens

Hier gibt es mehrere Antworten, die ich kurz beantworten möchte:

  • Die Regelfragen korrekt und verständlich zu beantworten
  • Messen, wann immer danach verlangt wird
  • Auf die Einhaltung der Regeln (siehe Regelheft) und Sportordnung zu achten und diese auch durchzusetzen
  • Streitigkeiten schlichten usw.
  • Ich sehe mich weder als Polizist noch als Lehrer! Vielmehr leite und begleite ich das Spiel mit Ruhe und Gelassenheit

Mein Aufgabenbereich

Mein Aufgabenbereich betrifft alles, was das Spiel und die Spielfelder betrifft! Was Spieler/Spielerinnen außerhalb des Spielfelds machen, darauf habe ich keinen Einfluss, solange es im Einklang steht mit Sportlichkeit, Fairness und dem Regelwerk des Regelheftes.

So ist es NICHT meine Aufgabe zu kontrollieren, was jeder Einzelne tut, ob und was er isst, trinkt oder raucht! Nur dann, wenn der/die Spielende negativ auffällt, habe ich einen Anhaltspunkt und die Aufgabe einzugreifen.

Der Umgang mit Alkohol und „Kiffen“ als Beispiel

Eines der Beispiele hierfür, die hier für die größte Unruhe und völlig unberechtigte Vorwürfe Schiedsrichtern gegenüber sorgen, ist hier das Thema Alkohol. Man hat mich mehrfach darauf hingewiesen, dass es Spieler/innen gibt, die viel, oder zu viel Alkohol trinken! Aber: Alkohol ist laut Regelheft auf den Spielflächen verboten, aber nicht außerhalb! Als Schiedsrichter muss ich also jegliche alkoholische Getränke auf den Spielflächen unterbinden, verbieten! Was außerhalb dieser Spielflächen geschieht, entzieht sich meines Einflusses und meines Bereiches (Sache des Ausrichters). Somit kann und werde ich ebenso wie die anderen Schiedsrichter da nicht einschreiten, außer jemand wird ausfallend und verhält sich unangemessen anderen gegenüber! Da ich zu diesem Thema schon einmal beschimpft wurde und mir unterstellt worden ist, ich würde meinen Job nicht korrekt machen, so ist es mir wichtig, es nochmal zu betonen: Das Thema Alkohol gehört nicht zu unserem Aufgabenbereich als Schiedsrichter, wir dürfen keine Alkoholkontrollen durchführen und somit sind uns diesbezüglich auch die Hände gebunden, solange es nicht auffälliges Verhalten gibt. Ähnliches gilt übrigens für „Kiffen“. Es ist allgemein bekannt, dass „kiffen“ auf einem Sportgelände rechtlich verboten ist! Wenn sich jemand darüber beschweren will, muss er begreifen, dass der Schiedsrichter nicht die Rolle eines Polizisten hat, und er muss zum Ausrichter gehen.

Das Ende des Einsatzes

Ich bleibe auf dem Platz, bis das letzte Spiel zu Ende ist! Ich muss ggf. Anträge für Tageslizenzen in einen Umschlag packen und diese dann umgehend per Post zur Geschäftsstelle schicken. Zuhause angekommen, lasse ich dann den Tag Revue passieren! Dabei mache ich mir Gedanken, was gut oder schlecht gelaufen ist! Was ich beim nächsten Einsatz besser mache könnte und was für andere Schiedsrichter eventuell auch hilfreich sein könnte! Dann fährt langsam die Anspannung herunter.

Was wir alle nie vergessen sollten:

  • Schiedsrichter sind auch nur Menschen, und wie alle Menschen, machen wir auch ab und zu mal Fehler! Wichtig ist es, diese einzusehen und es beim nächsten Mal besser zu machen!
  • Aber: Schiedsrichter sein ist ein Ehrenamt, kein bezahlter Job. Auch dies hat ein wenig Respekt verdient.
  • Ein guter Schiedsrichter ist jener, der, wenn er seine Arbeit gut macht, nicht auffällt!!

Graziano Cecchetti
Vizepräsident Schiedsrichterwesen BPV NRW

 

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