Drei Aachener beim Mondial La Marseillaise à
pétanque
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07.08.2010 |
Bernard Bonnery, Luigi Ragusi und Rolf Werner vom Boule
d’Aix-la-Chapelle e.V. hatten ihre Teilnahme sehr früh geplant, so dass
dieses Team Nr. 2 auf der Teilnehmerliste direkt hinter dem
Vorjahressieger zu finden war: Philippe Quintais… Fast wie ein Wunder bei
4368 angemeldeten Teams. Bei der ersten Partie würden die 13.104 Spieler
ihre 26.208 Kugeln durch die Luft bewegen, mit einem Gesamtgewicht von ca.
18 Tonnen Stahl…
Das sind schon gewaltige Zahlen für diese 49.
Auflage des Mondial La Marseillaise à pétanque. Die Hinfahrt hatten wir
für Freitag, den 2. Juli, geplant, der Wettkampf war vom 4. bis zum 8.
Juli terminiert. Das überdimensionale Plakat kündigt überall in Marseille
150.000€ an Preisen an. Kein Wunder bei den vielen Sponsoren: France 3
(TV), RTL (Radio), Obut, EDF, Total, Stadt Marseille, Département Bouches
du Rhône, Région Provence-Côte d’Azur und… Ricard. Der Präsident Michel
Montana schaffte es nie, sie alle zu nennen. Die Organisation einer
solchen Veranstaltung nimmt gigantische Ausmaße an: 40 Kilometer Bahnen, 7
Tonnen Papier, 2000m2 für die Zentrale Verwaltung, Shuttle-Service zu den
Spielorten… Als ob es nicht genügte, werden parallel zum Mondial weitere
Turniere ausgetragen: Trophée des Artistes (mit bekannten
Persönlichkeiten), Grand Prix Féminin und Ecureuil-La Marseillaise des
jeunes (für Jungen und Mädchen zwischen 6 und 14 Jahren). Wie machen sie
das alles?
Die lokale Presse betont die Teilnahme von Teams aus 19
Ländern. Für Europa am Start: D, CZ, SP, B, CH, DK, SF, P, NL, I, EST, S,
MC,. Für Afrika: Algerien, Guinea, Tunesien, Madagascar. Für Amerika: USA
und Kanada.
In der Samstagausgabe gibt sie auf einer Seite an, wo
die Favoriten und alle ausländischen Teams spielen werden.
Sonntag,
4. Juli. Unsere erste Partie trägt die Nr. 1453, wir müssen nach
Marseille-Luminy zum Cercle bouliste des calanques. Am Vortag haben wir es
schon erfahren, wir sind mit dem Bus lange unterwegs gewesen. Also
entscheiden wir uns, mit dem Auto dahin zu fahren - noch kein Problem.
Spielbeginn ist offiziell zwischen 9:15 und 10:45 Uhr. Nach einer guten
halben Stunde erscheinen unsere Gegner, die Partie kann gegen 10:00 Uhr
beginnen. Wir haben drei sympathische junge Männer aus Marseille erwischt:
Pierre-Jean Césari, Cédric Mottes und Michaël Roustan.
Hier der
Verlauf der Aufnahmen aus unserer Sicht: 0-1/ 1-1 / 3-1 / 4-1 / 5-1 /
6-1 / 6-5 / 9-5 / 9-6 / 12-6 / 13-6
Nach einem wohl verdienten
Pastis – unsere Gegner ziehen Bier vor – müssen wir zur Zentralen
Verwaltung. Mehrere Staus und fast chaotische Zustände. Mit dem Auto kommt
man nur noch sehr schlecht bis zum Parc Borély voran. Die einen wollen
Pétanque spielen oder sehen, die anderen einfach zum nächsten Strand.
Unsere zweite Runde wird im Parc Chanot ausgetragen. Hört sich gut an,
ist aber der gigantische Parkplatz vom Kongresszentrum. Also für unsere
Bahn: Asphalt mit dünner Splitschicht… Bahn 773, Spiel gegen das Team 4122
um Jean-Claude Peliera. Spielbeginn zwischen 14:00 und 15:30 Uhr. Unsere
Gegner erscheinen um 14:55 Uhr. Das Spiel kann beginnen. Gegen drei
betrunkene Spieler aus Marseille, die eine Gruppe lauter Fans mitgebracht
haben… Bernard Bonnery übernimmt alleine die schwierige Kommunikation.
Bald ist die permanente Anwesenheit des Schiedsrichters eine absolute
Notwendigkeit. Danke, dass es möglich war!
Verlauf der Aufnahmen
aus unserer Sicht: 0-1 / 0-2 / 1-2 / 4-2 / 4-3 / 6-3 / 7-3 / 10-3 /
12-3 / 13-3
Nach 65 Minuten ist der Stress vorbei…
Zurück
zum Auto und den damit verbundenen Staus. Ein Durchkommen ist kaum
möglich, äußerst problematisch ist der Rond-Point du Prado. Das Parken ist
auch eine richtige Qual.
Dadurch kommen wir etwas spät zum Parc
Henri-Fabre für die dritte Runde. Bahn 443 gegen Team 2478. Die drei
Gegner warten schon etwas ungeduldig: Geoffrey Castanier (Briançon), Jacky
Pallai (Marseille) und Claude Rachin (Chambéry). Die Partie auf einem
schwierigen Parkweg dauert 2 Stunden, diesmal zum Teil im Schatten der
Parkbäume. Das Spielniveau auf beiden Seiten ist wesentlich besser, der
Umgang mit den Gegnern viel angenehmer.
Verlauf der Aufnahmen aus
unserer Sicht: 0-1 / 0-2 / 3-2 / 4-2 / 4-3 / 4-4 / 7-4 / 7-9 / 8-9 /
8-10 / 11-10 / 11-13
Schade, dass die letzte Aufnahme von uns so
schlecht war, wir hätten so gerne den ersten Spieltag überleben wollen und
es war wirklich mehr drin… Einziger Trost: 3276 Teams ging es nicht besser
als uns…
Wir gehen zu Fuß zur Zentrale, wo unsere Abmeldung
gleichzeitig die Abholung einer Prämie bedeutet: jeder Teilnehmer bekommt
einen Sonnenhut, ein T-Shirt, einen Rucksack und ein Massband; nach 2
Siegen bekommt jeder von uns zusätzlich eine Flasche Ricard. Und das alles
bei einer Anmeldegebühr von nur 5€ pro Nase! Sponsoren muss man haben!
Von Montag bis Donnerstag haben wir dann viel Zeit, um interessanten
Partien und Spielern zuzusehen. Bei hochsommerlichen Temperaturen zwischen
30 und 35 Grad und oft wenig Schatten auch eine anstrengende
Angelegenheit. Man braucht nicht viel zu lesen oder zu fragen: wo viele
Menschen sich gesammelt haben, da läuft ein heißes Spiel. Begehrt sind die
Auftritte der Triplette um den „Prinzen von Marseille“ Marc Foyot, der
hier schon 6 Siege feiern konnte; er spielt mit dem serbischen Pointeur
Zvonko Radnic und dem hervorragenden Tireur Passo, der endlich den Titel
holen will. Beim 1/16 Finale ist aber Endstation. Foyot kann ab jetzt nur
noch für das Fernsehen kommentieren. Große Stars sind natürlich die
Vorjahressieger, die drei Philippe: Quintais, Pécoul und Suchaud. Im 1/8
Finale scheitern sie allerdings mit 11-13 am künftigen Turniersieger.
Für den letzten Spieltag wurde am Vieux Port eine Spielanlage mit
Tribüne für 3000 Zuschauer aufgebaut. Das TV-Team von FR3 filmt das
Geschehen mit 6 Kameras. Das erste 1/2 Finale wird am Vormittag gespielt.
Alle Spieler sind hier bestens bekannt. Fernand Moraldo (Carpentras) hat
schon einmal gewonnen, stand zweimal im ˝ Finale, zweimal im Ľ Finale; er
spielt mit Félix Blanc (Carpentras), Halbfinalist im Vorjahr, und Philippe
Rayne (Rochefort), einmal im Ľ Finale. Trotz guter Milieuleistung von
Blanc reicht es am Ende nur für 8 Punkte. Moraldo hat zu schwach gelegt
und vor allem Rayne zu oft gelocht. Der Gegner, Finalist im Vorjahr, hatte
mit Alain Godard (Agen) zwar einen noch unsicheren Leger, Tireur Simon
Cortes (Canet), Weltmeister 2005, traf aber gut und Milieu Henri Lacroix
(Hyčres), Weltmeister 2001, 2002, 2003, 2005, 2007 und 2008, zeigte eine
Spitzenleistung.
Am Nachmittag bewies das zweite ˝ Finale eine
deutliche Überlegenheit des künftigen Turniersiegers. Yazid Triaki
(Montpellier), der hier schon einmal gewonnen hat, zeigte eine gute
Leistung als Milieu und dann als Tireur, wirkte aber sehr nervös und
aggressiv; die Brüder Marcel und André Laborde (Montpellier) waren weit
von ihrer Bestform entfernt, die Kommunikation im Team war angespannt. Das
Triplette konnte nur 3 Punkte holen. Mehr war auch nicht drin gegen das
sehr starke Team um den Jungstar Dylan Rocher (Le Mans), Juniorweltmeister
2005 und 2007, mit dem äußerst stabilen Pointeur Antoine Dubois (Nîmes),
der schon einmal gesiegt hatte, und Stéphane Robineau (Cosne sur Loire),
einmaliger Sieger, einmal im ˝ Finale, zweimal im Ľ Finale.
Für das
Finale war kein Sitzplatz auf der Tribüne mehr frei – alles weiterhin
kostenlos -, die offiziellen Honorationen waren alle anwesend. Nach langem
Vorspann war es spielerisch eine ziemlich einseitige Angelegenheit.
Lacroix spielte fast alleine in seinem Triplette: Godard war wieder sehr
schwach und Cortes alles andere als konstant. Nach einer Stunde stand es
13-2 für den Gegner. Dubois hatte mal wieder demonstriert, wie wichtig
eine konstante Legeleistung ist. Robineau zeigte eine sehr solide
Milieuleistung. Star des Finales war aber der erst 19jährige Dylan Rocher:
17 Schüsse, 14 Treffer, darunter 6 Carreaux. Chapeau! Und das alles mit
einer unglaublichen Leichtigkeit und Coolness. Bravo!
Nach diesen
vielen unvergesslichen Erlebnissen konnten wir am 9. Juli nach Aachen
zurückfahren.
Übrigens: nächstes Jahr steigt die 50. Auflage des
Mondial La Marseillaise à pétanque. Der Teilnehmerrekord (4592 Triplettes)
wird sicher fallen. Vielleicht auch mit mehr deutschen Teams am Start?
Bilder sind auf der Seite von
Boule
d'Aix-la-Chapelle e.V. zu finden.
Bernard Bonnery
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